Schweißnähte machen auch vor Desertec nicht halt Baustellenerfahrungen

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Solarthermische Kraftwerke sind eine Schlüsseltechnik der Desertec-Vision. Entwickelt wurden die Vorläufer dieser Kraftwerke zu Zeiten des Kolonialismus in Europa und Amerika. Deutsche, französische und englische Erfinder legten die Fundamente, auch mit Blick auf die Stromproduktion im vornehmlich unter Frankreich und England aufgeteilten Afrika. Desertec versucht, diese Regionen zu entwickeln.

Diese Kraftwerke erzeugen im Sonnengürtel der Erde Strom am effizientesten, um die Region und die nördlicher liegenden Länder zu versorgen.

Ein Referenzprojekt hierfür entsteht im marokkanischen Ouarzazarte. Mit einem höheren dreistelligen Millionenbetrag unterstützt die deutsche KfW-Bank das Vorhaben. Dabei ist der Bau von Kraftwerken in unwirtlichen Wüstengegenden kein leichtes Unterfangen. Hunderte Tonnen Stahl müssen auf schwierigen Wegen in Wüstenregionen gebracht und verarbeitet werden. Dabei sollen möglichst viele Arbeiten von Marokkanern erledigt werden. Dieses ist nicht einfach, weiß ein erfahrener technischer Berater aus Deutschland zu berichten. Der Generalunternehmer für das riesige Solarkraftwerksprojekt in Marokko ist das saudi-arabische Unternehmen ACWA-Power. Subunternehmern kommen aus China und Spanien. Der Preis spielt bei der Auftragsvergabe die entscheidende Rolle. Der Berater aus Deutschland wurde von einem chinesischen Unternehmen beauftragt. Er stellte fest, dass Schweißnähte nicht fachgerecht verarbeitet worden waren und erhebliche Mängel aufwiesen In der Konsequenz waren mehrere Hundert Tonnen Stahl zunächst einmal unbrauchbar.

Die Chinesen wiederum beauftragen ein chinesisches Unternehmen. Dabei sollen Marokkaner einen hohen Anteil an der Verarbeitung haben. Dass dies nicht einfach ist, weiß ein erfahrener technischer Berater aus Deutschland zu berichten. Er stellte fest, dass Schweißnähte nicht fachgerecht verarbeitet worden waren und erhebliche Mängel aufwiesen. In der Konsequenz waren mehrere Hundert Tonnen Stahl zunächst einmal unbrauchbar.

In Ouarzazate entsteht auch ein Solarturmkraftwerk. Dieses wird einmal die Sonnenstrahlen bündeln und in elektrischen Strom umwandeln. Dazu muss eine Stahlkonstruktion auf die Spitze des Turms gezogen werden. Auch hierbei gab es Schwierigkeiten. Welcher Kran ist der richtige? Sollen kleinere Teile einzeln hochgezogen werden oder möglichst große mit wenigen Zügen? Man entschied sich letztlich für möglichst kleine Teile. Zu diesem Zweck musste der Kran gewechselt werden, sodass sich die Bauzeit um fast ein Jahr verlängerte und Schäden in Millionenhöhe resultieren.

Der technische Berater aus Deutschland hat sich inzwischen von der Baustelle zurückgezogen. Er befürchtete erhebliche Probleme beim Betrieb des Kraftwerks. Stillstandzeiten könnten unübersehbare Kosten generieren. Deswegen informierte er die KfW-Bank als Kreditgeber. Nach eigenen Aussagen habe die deutsche Entwicklungsbank reagiert und die Mängel beseitigt. Der Experte aus Deutschland moniert die schlechte Führung der marokkanischen Mannschaft. Deswegen empfiehlt er, die Positionen Qualitätsüberwachung, Organisation und Kontrolle nur ausgewiesenen Experten zu überlassen. Sein Fazit: „Ich war froh, als ich von der Baustelle abreiste.“

Jenseits des Bilds in den Medien scheint es große Herausforderungen zu geben. Immer wieder dringen Informationen über kleinere und größere Schwierigkeiten beim solarthermischen Prestigeprojekt durch. Ein Schlüssel ist interkulturelle Kommunikation, um neokoloniale Zustände und Arbeitsergebnisse minderer Güte zu vermeiden. Desertec ist das größte Infrastrukturprojekt unserer Zeit und es steht viel auf dem Spiel. Dabei setzt es Verständnis, Sensibilität und technisches Know-how bei allen Akteuren voraus.

Autor: Dr. Thomas Isenburg, Experte für Nordafrika

presse@thomas-isenburg.

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