Mein Geburtstag in der Sahara

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by Karoline Wirths

Am Morgen des 7. Juni holte uns ein Targi namens Yaya in unserem Hotel ab. Im hellblauen, luftigen Gewand mit gelb-goldener Stickerei, half er uns sehr freundlich unser kleines Handgepäck in einen silbernem SUV zu verstauen und so machten wir uns auf in unserer Abenteuer Wüste. Unsere Kommunikation funktionierte besser als gedacht auf Englisch und das führte schnell zu einem Gefühl des Vertrauens.

Bisher hatten wir jeden Tag auf die Gebirgswand ungefähr 30Km von unserem Urlaubsort Zagora entfernt geblickt mit der Vorstellung, dass dahinter die Wüste anfängt. Aber als wir den Gebirgskamm überquerten sahen wir ganz überrascht auf ein weiteres Tal mit Dattelpalmen und auf ein weiteres Bergmassiv dahinter.

Yaya lenkte den Wagen nach ca. anderthalb Stunden Fahrt von der Straße ab, um mit uns an einem schattigen Platz unter Palmen zu picknicken. Also raus aus dem klimatisierten Auto und rein in die Hitze, die uns sehr heiß ins Gesicht schlug. Schnell war ein Teppich ausgebreitet und die Kühlbox mit Obst und Sandwiches aus dem Auto geholt. In einer kleinen Sandvertiefung entstand flugs eine kleine Feuerstelle für leckeren Tee, der in einer kleinen Metallkanne zubereitet wurde.

Dann ging die Fahrt weiter und wir durchquerten auch dieses Tal. Im letzten Ort vor der Wüste deckten wir uns nochmal mit tiefgekühlten Wasserflaschen ein. Die Sahara kündigte sich sehr eindrucksvoll auf Schildern am Wegrand an  mit der Überschrift „Attention desert“ Und darunter in fünf Sprachen der Satz „Wasser ist hier wertvoll. Verbrauchen Sie es maßvoll und respektvoll“

So fuhren wir hinein in die Sahara, die zunächst aus öder Gerölllandschaft bestehtaber  mit befestigter Straße. Meine Augen gewöhnten sich schnell an die Gelb- und Ockerfarbtöne, die auf mich sehr angenehm und beruhigend wirkten und ich konnte mich nicht sattsehen daran.Nach einigen Kilometern wurde aus Geröll dann Sand und Yaya fuhr Offroad  zwischen kleinen Dünen hindurch. Keine Schilder, keine Straße, keine – zumindest für uns- sichtbaren Orientierungspunkte. Wir fühlten uns trotzdem völlig sicher, denn was sollte uns schon in Begleitung eines Tuareg passieren?

Souverän lenkte Yaya den Wagen zwischen schon größer werdenden Dünen hindurch, dem Allrad sei Dank, Dann, hinter einer Düne lag plötzlich vor uns ein kleines Tal mit einem Camp aus mehreren Zelten bestehend. Als Empfangskomitees davor lagen zwei junge Kamele.Wir waren also am Ziel und mussten glücklicher Weise nicht auf Komfort verzichten.

Zunächst orientierten wir uns, welches Zelt unser Schlafzelt sein sollte, wo das Waschzelt war und wo das Eßzelt. Vor diesem Zelt lagen ausgebreitete Teppiche mit vielen orientalischen Kissen,  die so langsam unter einer Sandschicht verschwanden.Denn die Wüste empfing uns mit einem starken und stetigen Wind, der den Sand empor blies, der unangenehm ins Gesicht und in die Augen wehte: Eigentlich ein Horrorszenario für eine Kontaktlinsenträgerin wie mich! Aber dafür hatten wir unsere  marokkanischen Kopftücher und konnten das Gesicht damit weitestgehendbedecken.

Um dem Sandsturm zu entkommen flüchtetetn wir erst einmal in das Essenzelt, wo uns eine Aufmachung wie aus 1001 Nacht erwartete: Mit Stoffbahnen verkleidete Wände in orientalischen Mustern, der Boden mit Teppichen ausgelegt, schmiedeeiserne Tische, mit Tischdecken und Platzsets, dazu passende Stühle, stilvoll und einladend.

Wir nutzten die Gelegenheit für eine  entspannte kleine Konversation mit unserem Guide auf Englisch führen. Yaya erzählte uns, dass seine Eltern in der Wüste wohnen, etwa 400 KM entfernt und er mit seiner Frau und vier Kindern in Zagora. Ich konnte richtig merken, wie sehr er sich über unser Interesse an seinem Leben und seiner Arbeit freute. Gegensetzlicher konnte es nicht sein: Einerseits ein stolzes, mit der und in der Natur lebendes Volk und andererseits wir Europäer, lebend im Komfort und immer mehr entfernt von der Natur.

Auch unser Schlafszelt war im marokkanischen Stil eingerichtet. Groß genug für zwei plus eine Person, in unserem Fall jedoch nur für uns beide. Und überhaupt: Das ganze Camp für uns zwei Gäste zuzüglich vier Touaregs als Servicekräfte bewies sich als ein unverhofftes aber schönes Privileg! Leider ließen die Windböjen auch gegen Abend nicht nach, so wie es Yaya zunächst vorausgesagt hatte. Das hielt uns jedoch nicht davon ab, auf die nahen Dünen zu klettern.

Die Aussicht ins „Nichts“ so wie ich es gerne ausdrücke, in die bis zum Horizont reichende Sandlandschaft ließ mich völlig entschleunigen. Ohne den Faktor Zeit einmal diese Ruhe zu genießen, den bewussten Moment zu erleben, nur auf sich selber zurück geworfen zu sein, ohne ein Zivilisationsgeräusch. So ließen wie die Wüste auf uns wirken.

Natürlich musste ich unbedingt die beiden Kamele besichtigen. Unerschrocken stapfte ich auf die beiden Tiere zu und so nah bin ich diesen Tieren vorher noch nie gekommen: Streicheltiere sind das nicht unbedingt. Das Kamelfell fühlte sich strohig an. Als die beiden Jungtiere, ein helles und ein dunkles , aber merkten, dass wie sienicht füttern wollten, verloren sie schnell das Interesse an uns und  drehten sich in eine andere Richtung.Gegen Abend kam ein weiterer Touareg mit seinen drei Kamelen ins Camp -Zack saß ich auf.

Ich hatte mir das Leitkamel ausgesucht und als das aufstand, war das ziemlich hoch! Der Targi gab mir zu verstehen, wie ich mich richtig positionieren sollte, ach ja, da war ein Sitzring unter den Decken fühlbar, hinter dem Höcker. Und es gab sogar einen Griff vorne zum Festhalten-perfekt! So ritten wir los. .Hier oben blies mir  wenigstens der Sand nicht mehr ins Gesicht. In einer wogenden und gemächlichen Gangart führte uns der Targi durch den Sand.

Mit einem Gefühl,  als ob die Zeit langsamer laufen würde genoss ich den Ausflug sehr.  Die Tiere waren immer trittsicher, egal ob es rauf oder runter ging. Vorbei ging es um viele Dünen, wir sahen auch von weitem andere Camps, Berberzelte und sonstige verlassene Behausungen. Nach ca. einer Stunde war die Runde vorbei und ich musste nochmal darauf schauen, wie  die Kamele ihre langen Beine zusammen klappen. Beim Hinlegen sind es erst die Vorderläufe, dann die Hinterläufe, beim Aufstehen geht das in umgekehrter Reihenfolge. Deshalb gewöhnungsbedürftig!

Die Touaregs saßen im Windschatten eines Zeltes zusammen, als wir  von unserem Kamelritt zurück kamen. Wir machten uns fertig für das Abendessen und zunächst einmal startklar für den Sonnenuntergang.  Das WC konnte normal genutzt werden und die Dusche gab genügend Wasser her, Haarewaschen war unnötig.

In meinem extra dafür gekauften Kaftan und dem von Yaya wohlwollend um meinen Kopf gebundenen Turban fühlte ich mich glatt wie die Hauptdarstellerin in einem Film, auf der höchsten Düne sitzend und dabei zu sehen wie die Sonne untergeht:

Die Umrisse der Dünen im untergehenden Sonnenlicht…einfach unvergesslich! Als die Sonne untergegangen war wurde uns ein Dinner nur für uns Zwei im Essenszelt serviert: Es gab als Entre´einen Salat, dann die Tangerine mit Gemüse und dazu Hackfleischbällchen und zum Trinken Tee und Wasser.

Nach dem Essen setzten wir uns noch vor das Zelt, der Wind hatte sich ein wenig beruhigt, die Luft war angenehm und mein Blick wanderte hinauf zum Sternenhimmel. Sehr scharf umrissen und sehr hell leuchteten abertausende davon.

Hinter uns versammelten sich die Touaregs im Zelt und  es gab als Überraschung  für mich eine Geburtstagstorte, mit Kerzen drauf und sogar mit meinem Namen. Alle hatten sich eingefunden und trommelten und dabei sangen sie „Happy birthday“.

Nachdem ich die Kerzen ausgepustet hatte bekam jeder ein Stück Torte und sie sangen später noch andere Lieder. Es war eine schöne und lockere Runde. In einer recht turbulenten Nacht (ich als Nicht-Camperin in einemZelt das von Windböen geschüttelt wird) ließen mich die ungewohnten Geräusche einfach nicht fest schlafen und mit der Taschenlampe in der Hand leuchtete ich immer wieder in die Ecken des Zeltes.

Als es langsam hell draußen wurde war ich froh, als der Morgen anfing und unsmit einem wunderschönen Sonnenaufgang um 6.15Uhr begrüßte.Der Wind war nun ganz weg. Schnell war die unruhige Nacht vergessen und ich erklomm die höchste Düne, um mich zu setzen und von dort aus die Sonne aufgehen zu sehen. Die Umrisse der Landschaft waren sehr scharf und klar. Die Dünen waren in einem ganz anderen Licht gehüllt, als es beim Sonnenuntergang der Fall war.

Dieser bewusste, einzigartige Moment bleibt für mich unvergesslich.Noch jetzt, wo ich darüber schreibe, kann ich ihn wie einen Film bei mir in Gedanken abspielen und sitze wieder dort oben….Das Frühstück nahmen wir vor  dem Zelt ein, auf den Teppichen und den Diwankissen, ganz klassich im marokkanischen Stil. Es gab einen sehr leckeren Kaffee mit speziellen Gewürzen, es war der leckerste Kaffee den ich je getrunken hatte. Mein Glücksgefühl hielt an und ich genoss das Frühstück, bei dem einfach nichts fehlte, sogar Pfannkuchen und Saft und Marmelade gab es.

Nachdem wir gepackt hatten, gab es noch die Gelegenheit für ein paar Panoramabilder. Außerdem fotografierte Yaya uns als Pärchen  – sichtlich stolz hantierte er mit unserer Kamera. Im Gegenzug zeigt eines unserer Fotos Yaya mit einem roten Schneebob an der Hand auf der Düne, eigentlich eher surreal aber witzig…bevor ich darauf die Düne runterglitt…..

Auf unserer Rückfahrt erst durch Sand, dann durch Geröll konnten wir an dem höchsten Punkt auf dem Gebirgskamm nochmal den Blick schweifen lassen, über das erste Tal  durch das wir hindurch fahren mussten um wieder zurück in die Zivilisation zu kommen.

Autor: Karoline Wirths Kontakt: karoline.wirths@gmx.de

Fotos: Thomas Isenburg

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Bilder gibt es hier:

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Dieser Beitrag hat 3 Kommentare

  1. Persche

    Schöner Artikel und sehr schöne Fotos!

  2. Anke

    Vielen Dank für den Einblick deiner Reise.
    Sehr interessant und schön beschrieben.
    Freu mich auf weitere Berichte.

  3. Karin

    Cooler Bericht über einen unvergesslichen Geburtstag und einzigartige Eindrücke.
    Ich hoffe, davon gibt’s demnächst noch mehr

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